Rede zum Haushalt im Stadtrat 9. April 2025

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Stadträte, liebe Stadträtinnen, liebe Zuschauer und Zuschauerinnen

 

Natürlich, lieber Manuel, der du bei meiner letzten Rede stets weise dein Haupt geschüttelt hast, wird dies wieder keine klassische Haushaltsrede. Warum das so ist und auch so sein muss, werde ich gleich beantworten. Zuvor werde ich mich aber bei den fleißigen Mitgliedern das Haushaltsausschusses, dem Kämmerer und dem Bürgermeister bedanken. Sie haben viel Zeit und Mühe investiert, das schiefe Finanzkonstrukt „Haushalt“ zu so hinzubiegen, dass es einigermaßen gerade wirkt.

Warum, lieber Manuel, wird dies wieder keine klassische Haushaltsrede? Es wird wieder keine klassische Haushaltsrede, weil wir keine großen Probleme mit den kleinen Zahlen haben, also mit dem elenden Gefutzel, über dem ihr euch dankenswerterweise die Köpfe heiß gerechnet habt. Wir haben immer noch das große Probleme mit der großen finanzpolitischen Weichenstellung dieses Stadtrates oder auch mit der Bereitschaft, etwas Neues zu denken. Und das ist nicht erst seit diesem Jahr so.

In einem Haushalt wird das Geld zugeordnet und verteilt, das da ist, oder es wird etwas Geld gespart, was vielleicht schon im letzten Jahr nicht da war. Aber wie viel Geld da ist und wie viel Geld benötigt wird, entzieht sich meist– zumindest im Großen und Ganzen – der Haushaltsführung; da ist schon vieles vorgegeben.

Vorgegeben ist beispielsweise, dass wir bestimmt Pflichtausgaben zu erfüllen haben. So sind wir Sachaufwandsträger der Schule und der Kindergärten; wir müssen uns um die Verwaltung kümmern, um Kultur und Infrastruktur usw. Das wissen Sie ja alle. Vorgegeben sind auch Zahlungen wie die Kreisumlage und Ähnliches. Daran ist nicht zu rütteln.

Und an diesem Vorgegebenen verzweifeln wir, wenn wir ehrlich sind, gerade; denn wir bräuchten jetzt, um das zu finanzieren, gut und gerne 25 Millionen, wahrscheinlich sogar mehr. Die guten Christen unter uns könnten jetzt sagen: „Kein Problem! Es gibt ja auch Wunder!“ Ich aber als bekennender Agnostiker sage euch: „Es wird kein Wunder geben!“

Was sollen wir also tun? Die Alten und Weisen dieses Gremiums werden sagen: „Wir warten ab und sparen ein bisschen. 2008 hatten wir schon einmal so eine Krise. Da haben wir fünf Jahre gespart und alles wurde wieder gut.“ Ich aber sage euch: „Das wäre ein Wunder“. Denn damals hatte Hirschau noch Rücklagen und lebte auf vergleichsweise großem Fuß. Und ob das Sparen perspektivisch optimal war, möchte ich auch gern bezweifeln. Vielleicht zahlen wir ja jetzt noch für diesen Sparkurs mit der maroden Infrastruktur, für die wir jetzt dringend Geld bräuchten.

Und damals hatten wir eine Krise der Banken und Versicherungen, bei der eine Lösung wahrscheinlich war. Jetzt haben wir eine Systemkrise, bei der es fast alles, was unseren Haushalt in Hirschau beschwert, auch im Große gibt: Einnahmenrückgang, hohe soziale Kosten, fehlende Gelder für die digitale Umstellung und ein riesiger Investitionsstau. Der große Unterschied: In Berlin macht man mit einer geradezu bewundernswerten Hemmungslosigkeit Schulden – Wir müssen und jetzt jeden Kredit und auch unseren Haushalt genehmigen lassen.

Anmerkung: Ich erwarte nicht, dass bei uns viel Geld aus Berlin landet. Es gibt nämlich etwa 11 000 Städte in Deutschland und die wollen alle etwas. Als Gemeinwesen mit nur 6000 Einwohnern sind wir am Ende der Nahrungskette. Satz mit X – wird wohl nix!

Es ist grausam. Und ich fange jetzt schon an, mich zu schämen, wenn ich nur daran denke, wie es sein wird, im nächsten Jahr dem neuen Stadtrat ein finanziell und strukturell heruntergekommenes Gemeinwesen zu übergeben mit der Bemerkung: „Satz mit X, war wohl nix! Wir haben es versucht … leider.“ Es wird fürchterlich.

Doch was machen wir jetzt? William von Ockham, ein Philosoph des 14. Jahrhunderts, hat einmal sinngemäß gesagt: „Wenn wir Gott schon nicht rational erfassen können, müssen wir umso mehr an ihn glauben.“ Ich will das variieren zu: „Wenn wir schon kein Geld haben, müssen wir umso mehr Initiative zeigen!“

Wir müssen endlich etwas auf die Beine stellen, was wenig kostet und auf das wir stolz sein können. Manuel macht da ganz viel richtig in Ehenfeld.

Wir müssen Strukturen schaffen, die in die Zukunft führen. Da haben wir nicht viel vorzuweisen; vielleicht den Waldkindergarten, vielleicht die Parkautomaten am Monte, vielleicht die Zukunftswerkstatt, die gerade etwas vor sich hin dümpelt … Vielleicht fällt euch noch mehr ein? Ach ja! Sonnensegel! Wir fördern erstaunlich viele Sonnensegel. Erstaunlich!

Wir sollten Strukturen schaffen, die unseren Bürgern einen Anreiz bieten, mitzuarbeiten, Herzensprojekte mitzufinanzieren und ehrenamtlich etwas zu stemmen. Lasst uns die Vereine stärker einbinden. Lasst uns transparenter werden und kommunikativer! Gebt unseren Bürger die Möglichkeit, uns zu verstehen.

Lasst uns Fachleute rekrutieren, die unter uns leben und wohnen und die uns in unserer Not helfen wollen.

Lasst uns die Chance nutzen, dass sich der Bürgermeister nach vier Jahren doch dazu durchgerungen hat, die von mir angemahnte finanzpolitische Task-Force einzusetzen, um Kompetenz und Engagement zu bündeln. Für all das haben wir noch ein Jahr. Ich werde es Ihnen leicht machen.

Das wir uns sicherlich keine 25 Millionen in die Kasse spülen. Vielleicht wird es unseren Zusammenhang stärken und unseren Geist weiten, was dringend nötig ist.

Ich erinnere mich nämlich an eine Stadtratssitzung, da machte ein Stadtrat in einer fernen, fernen Stadt den schüchtern Vorschlag, über eine vielleicht etwas ungewöhnliche Idee nachzudenken. Es war, wie ich von ihm weiß, ein Testballon. Und es kam, wie er es geahnt hatte: Die Masse seiner Mitstadträte, fühlten sich provoziert, in ihrer Komfortzone gestört, reagierten heftig, beschimpften ihn. Da war von einer „Schnapsidee“ die Rede und ein anderer wollten den Vorschlag gar in die Tonne treten. Nur weil dieser kleine schüchterne Stadtrat darum bat, etwas nachzudenken, etwas zu recherchieren, sich mit etwas Neuem zu beschäftigen.

Wenn auch wir es nicht schaffen, uns gedanklich aus der Komfortzone hinauszubewegen, werden wir damit leben müssen, dass aus der ehemals stolzen Industriestadt Hirschau ein Gemeinwesen wird, das sich dem Willen des Landkreise unterordnen muss.

Ich werde dem Haushalt zustimmen, denn nicht der Haushalt ist das Problem.

Christian Feja

 

 

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